Der Verband für Gesellschaftsbezogene Gestalttherapie e. V., VGG, wurde am 19.07.1986 von Absolventen und Trainern des Institut HEEL (Institut für Gestalttherapie mit Sitz in den Niederlanden) gegründet, um die beruflichen und berufspolitischen Interessen der Institutsabsolventen – sowie auch KollegInnen aus anderen gestalttherapeutischen Instituten und Berufsfeldern – zu vertreten. Es war bereits der dritte Gestaltdachverband in der BRD, denn im gleichen Jahr wurde der DVG gegründet, mit dem IGW (Institut für integrative Gestalt Würzburg) als stärkster Gruppierung. Vorausgegangen war die Gründung der DGGK, der Deutsche Gesellschaft für Gestalt- und Kreativitätsförderung, die als Dachverband des FPI (Fritz Perls Institut – Frankfurt) fungierte.
Während das FPI die kassenärztliche Zulassung neben der Psychoanalyse anstrebte und die Ausbildung den Standards entsprechend den Vorstellungen der Ärztekammer ausrichtete, wehrte sich das Institut HEEL und sein neu gegründeter Dachverband VGG gegen diese Verschulung und war darauf bedacht, die Wechselwirkung zwischen Therapie und Gesellschaft stärker in den Fokus zu rücken.
Später trat der VGG dem Schulen- und Berufsübergreifenden Deutschen Dachverband für Psychotherapie, dem DVP e.V., bei, um eine machtvollere Interessenvertretung u. a. durch eine höhere Mitgliederzahl zu sichern. Der DVP hatte sich die Förderung der Zusammenarbeit aller Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und die Vertretung derer Berufsinteressen zum Ziel gemacht und erreichte die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern im europäischen Psychotherapieverband (EAP). Die Generalversammlung des Europäischen Verbandes für Psychotherapie hat am 29. Juni 1997 in Rom die Vorlage für ein Europäisches Zertifikat für Psychotherapie erarbeitet und genehmigt, welches aber bisher keinerlei rechtliche Auswirkungen hat.
Als das Psychotherapeutengesetz (PTG) mit Wirkung ab 01.01.1999 in Kraft trat, war die Gestalttherapie bezüglich der Kassenzulassung außen vor, weil sie nicht zu den sogenannten Richtlinienverfahren gehörte. Richtlinienverfahren sind Verfahren, deren wissenschaftliche Anerkennung durch den wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) als eigenständige Verfahren anerkannt werden. Ferner wurden nur noch approbierte Ärzte und Psychologen zugelassen. Die Zulassung nach dem Heilpraktiker-Gesetz (HPG) blieb davon unangetastet. Die hiernach praktizierenden TherapeutInnen waren und sind jedoch i. d. R. auf Selbstzahler angewiesen.
Eine Reihe engagierter VGG-lerInnen, die als PsychologInnen in erster Linie Gestalttherapie praktizierten, mussten die Approbation erwerben und sich nachqualifizieren, um wie bisher mit den Kassen abrechnen zu können und gingen dann dem VGG verloren. Ihre Interessenlage hatte sich verändert. Heel hatte wie nahezu alle Gestaltinstitute einen Schwund von AusbildungsinteressentInnen zu verzeichnen.
Etwa seit 1993, mit Beginn eines Trainer-Ausbildungsprogramms durch das Institut Heel, entwickelten die InstitutsleiterInen Gerry van Vugt und Thijs Besems (teilweise gemeinsam mit den TrainerInnen, die am Programm teilnahmen) ein aktuelles Ausbildungskonzept, in das Erkenntnisse aus der Hirnforschung und neuere wissenschaftliche Paradigmen, z.B. der Chaos- und Komplexitätstheorie, einflossen. Eine erste und letzte Gruppe wurde nach diesem Konzept seit 1998 ausgebildet und machte 2002 als letzte Ausbildungsgruppe für GestalttherapeutInnen im Institut Heel ihre Prüfung nach dem neuen Konzept. Damit war Schluss mit Heel als dem Ausbildungsinstitut, aus dem immer wieder neue Mitglieder für den VGG erwuchsen. Die Mitgliedschaft des Institutes Heel im VGG endete 2004.
Insgesamt gab es bundesweit seit Einführung des Psychotherapiegesetzes und die damit einhergehenden veränderten Therapiebedingungen so etwas wie eine Lähmung im gestalttherapeutischen Ausbildungsbereich und in den Gestalt-Verbänden.
Der VGG überstand seine Krise auf bemerkenswerte Art:
Bereits auf der Mitgliederversammlung im November 2003 sollte über die Schließung des Verbandes abgestimmt werden, als dann doch einige unverzagte Mitglieder den Mut fanden, die Vorstandsarbeit fortzuführen. Die offene und warmherzige Atmosphäre der Mitglieder untereinander hatte sie zu diesem Schritt veranlasst. Sie sollten ihn nicht bereuen, denn auf den folgenden Arbeitstagungen war das aufgeschlossene und nahezu familiäre Miteinander immer ein stabilisierendes Element und eine wesentliche Grundlage für das Fortbestehen des Verbandes.
Auf der Jubiläumsveranstaltung zur 20. Arbeitstagung im September 2009 widmete sich der Verband wieder ganz der Gestalttherapie, besann sich auf deren Wurzeln und führte die anwesenden GestalttherapeutInnen zum Nachdenken über die eigene Arbeit und das Selbstverständnis. Im Rahmen einer Zukunftswerkstatt wurde daran gearbeitet, welchen thematischen Schwerpunkten und welcher Zielgruppe sich der Verband künftig stellen will. Hierbei wurde als eine besondere Stärke des VGG erkannt, dass er unabhängig von anderen Ausbildungsinstituten geworden ist und somit allen interessierten GestalttherapeutInnen, Auszubildenenden und Ehemaligen unterschiedlicher Gestalt-Ausbildungsinstitute ein Zuhause anbieten kann.